Danke für deine Antwort hat mir schon weitergeholfen. Mein Fahrlehrer meint ich sollte immer am Lenkanschlag sein wenn ich eine der 2 Kreise fahre. Aber wenn ich versuche im Schritttempo zu fahren kann ich nur Lenkanschlag fahren wenn ich nach der Hälfte eines Kreises bin.
Ich denke hier solltest du mal genau nachfragen. Es ist schlicht nicht möglich bei Schrittgeschwindigkeit "im" Lenkanschlag eine 8 zu fahren. Es ist aber möglich diese nahe "am" Lenkanschlag zu fahren. Also zunächst mal die Begriffsdefinition um zu klären was ich damit meine:
- "Im" Lenkanschlag: Man lenkt ein bis es schlicht nicht mehr weiter geht. Also beim lenken nach Rechts bis man den Lenker nicht mehr weiter nach rechts einschlagen kann weil der Lenker bzw. die Gabelbrücke4 mechanisch am Anschlag ist.
- "Am" Lenkanschlag: Man lenkt ein bis man kurz vor dem Lenkanschlag ist. Dabei kann es vorkommen, dass man beim "balancieren" und Korrekturlenkungen hie und da auch mal kurz an den Lenkanschlag "anschlägt" aber gefahren wird immer nur in der Nähe des Lenkanschlages, aber nicht den Lenker fix an den Lenkanschlag gedrückt.
Dabei ist wichtig zu verstehen, dass 1) beim Manöverieren gar nicht möglich ist und eigentlich nur 2) gemeint sein kann.
Warum ist das nicht möglich?
Wenn ein Motorrad ohne Kreiselkräfte balanciert wird benötigt man Lenkbewegungen in beide Richtungen. Als Beispiel wenn man in der 8 die Rechtskurve fährt lenkt man nach links (vom Lenkanschlag weg) wenn das Motorrad daran hindern will nach links umzukippen und nach rechts (enger in die Kurve) wenn das Motorrad droht nach innen/rechts zu kippen. Man könnte es auch "auffangen" nennen bzw. man braucht etwas Lenkspielraum nach links UND rechts um das Motorrad zu balancieren. Siehe auch Spurgasse wo die Lenkbewegungen ebenfalls zum balancieren benutzt werden.
Fährt man jetzt "im" Lenkanschlag (siehe Punkt 1 oben) so kann man keine korrigierenden Lenkbewegungen mehr in diese Richtung ausführen. Um beim gleichen Beispiel (Rechtskurve bei der 8 ) zu bleiben kann man das Motorrad wenn es anfängt nach innen (rechts) zu kippen nicht mehr mit einer Lenkbewegung "auffangen". Das ist dann der Punkt wo ein Fahranfänger etwas "panisch" wird und entweder den Fuss zum Boden hin ausstreckt oder (wie schon in anderen Beiträgen beschrieben) etwas die Kupplung kommen lässt um schneller zu werden und das Motorrad zu stabilisieren. Durch die Beschleunigung stellt sich das Motorrad auf und man verlässt automatisch auch den Bereich des Lenkanschlags. Wer sich sicher genug fühlt kann das mal ausprobieren. Sobald man gas gibt wenn man den Lenkanschlag erreicht hat wird sich das Motorrad aufstellen, der Lenker dreht sich ebenfalls und man fährt nicht mehr am Lenkanschlag.
Diese Fahrdynamik ist in Text nicht ganz einfach zu verfassen aber ich hoffe es ist so verständlich.
Wichtig ist dabei zu verstehen, dass es nicht möglich ist stabil "im" Lenkanschlag (also mit Lenker hart am Rahmen anliegend eingeschlagen) zu balancieren weil man eine Kippbewegung auf diese Seite nicht mehr ausgleichen kann! Man fällt!
Jetzt noch für die erfahrenen Fahrer die mit der "man fällt" Aussage nicht einverstanden sind... Fahranfänger können aber hier aufhören zu lesen, das ist nicht Prüfungsrelevant!
OK, man fällt nicht sehr schnell und hat immer noch Zeit zu reagieren und wie beschrieben kann man am Lenkanschlag durchaus eine Kurve fahren. Wer sich dafür interessiert kann auch diverse Videos auf Youtube oder allgemein auch Moto Gymkhana Fahrtechnik im Internet suchen. Hier wird durchaus beim umfahren der Pylonen die Maschine in den Lenkanschlag gekippt um eine Rotation zu fahren. Das steht auch nicht im Widerspruch zum oben genannten. Sobald man die Maschine in Schräglage bringt und in den Lenkanschlag fallen lässt landet man entweder am Boden oder man kontrolliert die Schräglage halt anders (nicht mit Lenkbewegungen). Faktisch bleiben da Bremse (primär Hinterrad) und Gas um die Schräglage zu kontrollieren. Eine Gymkhana-Rotation passiert auch nur mit dieser Methode. Einlenken zur Rotation bis zum Lenkanschlag. Dann fällt die Maschine in die Kurve und man lässt sie einkippen bis zur maximalen Schräglage. Die Schräglage wird dadurch mittels der Bremsen verstärkt und mittels Gas verringert. Um die Rotation zu verlassen wird mittels Gas die Rotation beendet. Das Motorrad stellt sich auf.
Diese Technik benötigt aber viel Training und anfangs "Überwindung" denn der Punkt wo der Lenkanschlag erreicht wird ist ein sehr beängstigender Punkt weil man schlicht über den Lenker nichts mehr tun kann und die Maschine im Begriff ist "umzukippen". Entgegen der üblichen Panikreaktion nutzt man das hier aber um die Maschine noch weiter einkippen zu lassen. Im Idealfall halt so weit es Lenkgeometrie, Reifen und Grip zulassen. Dabei muss die Schräglage also mittels Gas/Bremse bzw. der Geschwindigkeit reguliert werden.
Dabei ist es auch abhängig vom Motorrad wann der Lenkanschlag einsetzt. Sport-Bikes haben üblicherweise einen kleinen Lenkwinkel während Enduro/Dual-Sport Maschinen einen sehr grossen Lenkwinke. Gymkhana Fahrer setzen nicht selten auch "Distanzblöcke" ein um den Lenkwinkel zu verringern um die Maschine früher stabil in den Lenkanschlag zu legen. Eine 12er GS im Gymkhana-Style um die Pylonen zu bewegen kann im Originalzustand durchaus beängstigend sein wenn man sie in einer Rotation in den Lenkanschlag legt und beim "rausbeschleunigen" das Vorderrad beginnt bei voll eingelenktem Lenker seitwärts zu schieben.
HIer ein Gymkhana Video von mir wo man das in einigen Situationen auch sehen kann.
Profis fahren hier auch gerne mit erhöhtem Standgas weil man dann in die Kurven eigentlich "nur" noch einbremsen muss bis zum Lenkanschlag und dann in der Rotation nicht mehr "Stützgas" braucht sondern einfach mit der Bremse die Schräglage kontrollieren kann. Das birgt aber dann weitere Gefahren.
Um es nochmals klar zu sagen: Das hat NICHTS und ich meine GAR NICHTS mit den Manöver-Aufgaben der Prüfung zu tun. Wer die Manöver 8 im Gymkhana-Style mit Stützgas und Schräglagen-Stabilisierung im Lenkanschlag fährt hat die Übung nicht verstanden und das ist hier auch nicht gefragt. OK- wer es im Gymkhana Style kann wird es vermutlich auch in Schrittgeschwindigkeit hin bekommen aber die Technik ist schlicht eine andere.
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Fazit: An der Prüfung fährt niemand "im" Lenkanschlag (also bis an den Anschlag gedrückter Lenker) sondern "am" Lenkanschlag (also in der Nähe, so 1-2cm Lenkbewegung vom Anschlag entfernt). Wer "im" Lenkanschlag eine 8 fahren will muss VIEL mehr Schräglage fahren. Ein paar kurze "Antipper" am Lenkanschlag sollen dabei durchaus zur Übung gehören aber eben kein permanentes Anschlagen des Lenkers. Das Ziel der Manöverprüfung ist es, dass man einen Kreis (oder eben eine 8 ) in der Grösse machen kann welche das Motorrad mittels aufrechter Position in der Nähe des Lenkanschlages machbar ist. Wie klein der Radius ist hängt vom Töff ab. Grosse Chopper brauchen dabei natürlich etwas mehr Platz als kleine Naked-Bikes und Enduro/Dual-Sport und ähnliche Geräte die teilweise extreme Lenkeinschläge erlauben.
Bei der Prüfungs-8 ist auch kein "maximaler Radius" vorgeschriebn. Genau weil das eben auch vom Motorrad und dessen Lenkanschlag, Radstand und Bereifung abhängig ist. Beim Slalom gibt es ja extra die Regelung, dass üblicherweise 3m Distanz gefahren wird und für schwer manöverierbare Fahrzeuge 3.5m gelten. Eine HD Sportster gilt dabei aber noch nicht als "schwer manöverierbar". Bei der 8 gilt "Augenmass" des Experten. Die Prüfungsexperten wissen recht gut welche Radien mit üblichen Prüfungsfahrzeugen wie einer MT-07/09, Z650, Duke 390 oder ähnlichem gefahren werden können. Die sehen ganz gut ob der Prüfling hier unsicher fährt und sich nur eine ganz weite Kurve getraut oder ob das Fahrzeug keinen engeren Radius zulässt.
Vielleicht sollte man die Begriffe "im Lenkanschlag" und "am Lenkanschlag" zunächst mal auch mit dem Fahrlehrer genau definieren denn ich glaube hier entstehen die meisten Missverständnisse. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Fahrlehrer ernsthaft fordert, dass während der gesamten 8 "im Lenkanschlag" gefahren werden soll. Nahe "am Lenkanschlag" ja, aber nicht bis zum permanenten anschlagen denn das führt zu einem Sturz oder benötigt eine andere Fahrtechnik und der Schräglagenregelung über Gas/Bremse und hat nichts mit Manöver zu tun.