Tja, äähm. Zusammenfassend kann man wohl sagen, dass ein eher kurz gewachsener als erstes richtiges Motorrad eine Enduro-R gekauft hat. Weiss jetzt nicht wer genau diese Idee hatte und was den Verkäufer geritten hat, aber diese Zusammensetzung ist sagen wir mal nicht eben optimal. Seitens Gewicht dürfte das eigentlich kaum ein Problem geben, denn die unter 150 Kilo fahrfertig und vollgetankt (https://www.motorradonline.de/ktm-690-enduro-r.3475.html) liegen auf Höhe eines gut ausgestatteten 125er oder 250er Rollers, das müssten selbst Jugendliche noch hinbekommen so ein Ding wieder aufzustellen.
Das Problem ist eher die Höhe und der Schwerpunkt, welcher mit den langen Federwegen (da nützt auch ein abgepolsterter Sattel nichts, das hilft höchstens um die Füsse auf den Boden zu bekommen) nun mal vom Boden hochgewuchtet werden muss. In den Videos wird oft eine GS1200 (oder Enduro mit Seitenkoffer) gezeigt, das mag seitens Gewicht eine Referenz sein, aber nicht vom Fahrwerk (die GS hat bis zu 10 Zentimeter weniger Federweg als eine 690er Enduro) und mit den tief liegenden Zylindern ist auch der Schwerpunkt ganz woanders, zudem bleibt so genügend Platz um die Maschine vernünftig "greiffen" zu können.
Ohne Koffer bzw. abstehende Zylinder liegt die Karre (zumindest auf der Seite wo kein Auspuff ist) so nah am Boden, dass man die Geschichte mit Rücken gegen Motorrad (was ich sowieso für doof halte, denn die Kiste fällt in der Regel nicht auf einer flachen Asphaltstrasse um sondern zwischen Steinen oder im Schlamm oder Dünen auf starkem Gefälle, dann kann man die Kiste nach dem Aufstellen 20 Meter weiter unten im Bachbett zusammenlesen und dann versuchen irgendwie dort wieder rauszukommen) sowieso nie funktioniert, die schiebt man höchstens über die Fussrasten quer durch die Gegend und verschrammt sich damit alles was auch nur in Bodennähe kommt.
Was eigentlich immer funktioniert ist die Variante ganz nah zum Motorrad zu stehen, eine Hand an den eingeschlagenen Lenker und eine an den Gepäckträger (sieht man im ersten Video mit der GS), wenn der Topf nicht zu heiss ist, kann man die Kiste auch daran hochwuchten. Und: hochwuchten heisst nicht so ein bisschen ziehen, das heisst "alles oder nichts", einmal ansetzen und dann voll durchziehen - entweder fallen die Arme ab oder die Kiste steht. Dass das anstrengend ist (im Sand, wenn man bis zu den Knien einsinkt, sogar mit einer Sportenduro mit 120 Kilo Fahrgewicht) steht ausser Frage, aber wer hier schon kneift, der wird noch ein blaues Wunder erleben, wenn er die Kiste erst mal wirklich im Gelände fährt (Empfehlung: Endurotraining Dani Wirz), da kommen selbst gestandene Männer mit viel Offroad-Erfahrung an die Grenzen.
Wobei man wieder am Anfang ist und sich eben fragen darf, wieso ein 17-jähriger der anscheinend nicht vom Moto-Cross kommt oder sonst kräfteraubende Sportarten betreibt sich eine 690er Enduro zulegt. Klar: sieht scharf aus und geht so schnell nicht kaputt, aber das würde auch für ein 3-D Modell in Gold gelten welches man sich ins Wohnzimmer stellt. Logisch, das würde nicht fahren, würde dafür auch keine Zulassung kosten und kein Sprit verbrauchen (wobei die paar Liter Sprit und max. 200 Kilometer auf Asphalt bis der Tank komplett trocken ist, auch nicht jeden zufrieden stellen). Zudem: wieso eine Kiste welche 67 PS drückt, wenn man eh maximal 48 PS (35 Kw) fahren darf? Eben, wie Eingangs erwähnt, nicht unbedingt die ideale Ausgangslage um in kurzer Zeit glücklich zu werden.
Da die (ich finde hübsche, darf man ja auch mal sagen) Kiste nun mal da ist, muss man das Beste draus machen. Anfangen tut das mal damit, dass man das edle Teil nicht alle paar Meter auf den Asphalt schmeisst. Denn damit schadet man der Optik, irgendwann gehen auch Teile kaputt und wenn man drauf sitzt, ist doch immer wieder ein gewisses Risiko vorhanden, dass man sich selber weh tut, geschweige denn anderen, wenn die Kiste übern Asphalt schleddert und Fussgänger, Radfahrer oder gar andere Autos trifft.
Weiter: selber bisschen üben ist OK, aber wenn man schon so ein Offroad-Geschoss hat, dann unbedingt auch lernen wie man damit umgeht (in 90% der Fälle STEHT man auf den Rasten, egal ob hoch, runter, Schräglage, Sprung oder Vollgas über Offroad-Strecken, das ist für viele extrem ungewohnt). Egal ob Offroadtrainings mit eigenem Bike oder mit Mietmaschinen (http://www.cornu-moto.ch/de/kurse/b3/ bzw. http://www.cornu-moto.ch/de/kurse/spezialkurs-im-gelande/) oder eben bei all den Veranstaltern im Ausland, macht überall mehr Sinn als irgendwelche Tipps in Foren zu suchen und dann die Kiste dauernd zum Mech zu schieben weil doch wieder was kaputt gegangen ist.
Und eben: ob trotz Training eine Enduro-R für einen 1.68m Menschen auf Dauer die richtige Entscheidung ist, bleibt fraglich, da muss man schon ordentlich Mumm haben um die Kiste dann mit Schwung im Gelände zu bewegen. Für den Strasseneinsatz wäre die Monobike-Variante hier passender gewesen (wieso teure Stollen welche wegrutschen, wenn man klebrige Breitreifen ohne Schläuche aufziehen kann?), wenn nicht sogar eine der vielen Maschinen welche hier extra für Einsteiger angeboten werden und "von Haus aus" mit kurzen Federwegen, super ABS-Systemen und Bremsen ausgerüstet sind welche auf Strasse auch wirklich funktionieren? (schon klar, die Enduro-R bremst auch, aber wenn man sich zum vergleich mal auf einen Strassenflitzer mit satter Fahrwerksabstimmung, fetter 2-Scheiben Anlage und Mehrkolbenbremsen sowie haftungsoptimierten Reifen setzt, wird schnell mal klar das Bremsleistung dann doch ganz was anderes ist).
Wenn's rein ums aufrichten vom Motorrad geht: die Technik machts - und eben nicht so bisschen sondern 1x durchziehen, dann sollte das auch mit wesentlich schwereren Maschinen (wie Varadero und ähnliche Wummen, hab's selber mit der 1200er Tenere versucht) funktionieren. Nur halt nicht mehrmals nacheinander, das ist dann doch zu viel, wenn man nicht grad für eine Dakar trainiert hat oder sonst echt fit ist.