Hier hätte ich auch eine Geschichte zu erzählen. Ist zwar schon einige Jahrhunderte her, aber es schmerzte nachhaltig.
Es ging um meine nagelneu erworbene Yamaha TRX 850. Ein Traummotorrad zu der Zeit, ich liebte das Fahren mit dem Ding. Leicht, handlich, sparsam und günstig im Unterhalt.
Ehe ich es mir versah, hatte ich nach einem Jahr schon über 20.000 km auf dem Tacho stehen. Und die ersten Probleme - Startschwierigkeiten bei Kälte, und zwar massiv, immer kurz vor dem Batterie-Exitus.
Ich wedelte mit dem Garantieschein in der offiziellen Yamaha-Werkstatt und bat um Kontrolle des Ventilspiels. Aus meiner Sicht war das irgendwo im Nirvana, denn warmgefahren sprang die Maschine immer tadellos an. Bei der Gelegenheit wollte ich auch eine Jahresinspektion erledigen lassen, ich war es nämlich leid, bei Erreichen der entsprechenden Kilometer auf einen Termin warten zu müssen.
Der Auftrag lautete also:
- Jahresinspektion
- Ventilspielkontrolle
- Vergaser-Reinigung, weil der Mech einen Sturz als mögliche Vergaser-Verwirrung zur Diskussion stellte und man "nach einem Sturz immer die Vergaser reinigen und die Schwimmerkammer kontrollieren muss". War mir zwar auch neu, aber bitte..
Nach einer Woche holte ich die Maschine wieder ab. 50 km Anfahrt mit dem Bus, im Leder und mit Helm unterm Arm. Maschine entgegen genommen, startete wunderbar, redliche Lire bezahlt, und ab nach Hause.
Am nächsten Morgen: Maschine startet NICHT. Ich orgle, bis die Batterie aufgibt. Anschieben ist nicht, dicker Zweizylinder mag das nicht. Also zerlege ich den Hobel, wegen Überbrücken wollen. Nach Abbau des Tanks strahlt mir Exxon-Valdez's Suppe entgegen - Luftftilterkasten und darunter liegende Vergaser cremig fett und schwarz in altem Ölfilm-Schmodder eingepackt. Vergaser und Schwimmerkammer wurden also definitiv nicht gereinigt, die Schrauben am Ventildeckel / Zylinderkopf waren unberührt, sogar der Sicherungslack vom Monteur im japanischen Werk war noch unversehrt.
Ich hatte also für den Preis einer Jahresinspektion eine flüchtige Aussenwäsche erhalten.
Ich habe den Schuppen natürlich umgehend angerufen und um das Werkstatt-Protokoll gebeten. DAS würde man natürlich nicht nach aussen geben. Aha. Dann wollte ich die gemessenen Masse des Ventilspiels wissen. DIE seien alle in Ordnung gewesen. Ja, aber die Masse? DIE würden sie natürlich nicht nach aussen geben. Aha. Und wie die Vergaser gereinigt worden wären? DAS sei nicht notwendig gewesen. Aha.
Zwei Wochen später, ich war die Startschwierigkeiten leid, brachte ich die TRX in die 80 km entfernte, zweite und grössere Yamaha-Werkstatt. Hatte ja 3 Jahre Garantie, Yamaha Italia machte laute Werbung dafür.
Der Anruf nach ein paar Tagen war verheerend: Zylinderkopf-Schaden, alle 10 Ventilsitze eingeschlagen, wohl wegen zu geringem Spiels ab Auslieferung, deswegen arge Verluste an Verdichtung, deswegen Startschwierigkeiten, keine Möglichkeit der Reparatur.
Gut, sagte ich: 3 Jahre Garantie, Stempel im Scheckheft für die zwei Wochen vorher durchgeführte Inspektion, inkl. Auftrag der Ventilspiel-Kontrolle bei der offiziellen Werkstatt - vielen Dank, Yamaha, für einen neuen Zylinderkopf.
Nun - SO einfach sei das natürlich nicht, sprach der Mechaniker. Die Garantie decke nämlich nur die Materialkosten, nicht jedoch die Arbeitsstunden ab. Ausserdem sei die Garantiesumme auf (damals noch) 1 Mio. Lire - heute ca. 500 CHF - pro Schadensfall gedeckelt.
Gut, sprach ich. Nachdem sich also Yamaha-Mechaniker 1 wohl beim Ventilspiel-Kontrollieren vermessen hat, oder sich beim Ventilspiel-Einstellen vertan hat, greift meinem Verständnis nach dessen Haftpflicht. Ich konfrontierte Mechaniker 1 also mit dem toten Zylinderkopf, und die Antwort des Typen war:
"Das Ventilspiel hat sich gut angehört, ausserdem ist bei der TRX eine Kontrolle erst ab 42.000 km vorgesehen, und wenn nun der Kopf im Eimer ist, ist das ein Problem von Yamaha, und nicht von mir."
Ich lege meinen Fokus auf das Wörtchen "angehört" - die Typen haben tatsächlich kein einziges des 10 Ventile vermessen, sondern "nach Gehör" kontrolliert. Und meinen Auftrag ganz einfach ignoriert.
Ich habe dann - um mein Motorrad überhaupt wieder fahren zu können - bei Mechaniker II über 2,5 Mio. Lire bezahlt. Damals zwei Monatsgehälter..
Yamaha Italia hat auf meine Schreiben und E-Mails und mein Jammern auf das kleine Kleingedruckte verwiesen - dass eben die Schadenssumme pro Garantiefall deckelt. Einen Schadenersatz habe ich nicht bekommen. Der Yamaha-Laden Nr. 1 baute ein paar Monate nach dem Vorfall sein Firmenschild ab - einen Zusammenhang mit meinem Fall kann ich nicht beweisen, aber ich würde mich heute noch freuen, wenn's so gewesen wäre.
Ich bin die TRX noch über 40.000 km weitergefahren. Ohne weitere Inspektion - wozu denn auch, die Garantie war eh für den Hugo - und gab sie dann in Zahlung für eine Triumph Daytona.
Den Garantie-Schein habe ich mir eingerahmt und beim Auszug aus meiner Wohnung ins Grillfeuer geworfen.
Griass - JvS