Für die mit wenig Zeit:
Zuerst direkt zur Zusammenfassung und Fazit auf Seite 37 des PDFs (Angeschrieben mit Seite 96).
Danach vom Anfang an. Ist bei den meisten Studien die schnellste Leserichtung.
Zu einer Studie im Allgemeinen: Am Anfang steht immer eine oder mehrere Hypothesen (Vermutungen wie was sein könnte). Danach macht man einen Versuch in dem es darum geht die Hypothese einerseits zu beweisen, aber was noch viel wichtiger ist, auch zu widerlegen.
Die Studie hat den Fokus auf die Fahraus- und weiterbildung. Man hat 10'000 Töfffahrer die alle gleich Ausgebildet werden sollen (Stichwort Grundkurs). Was bringt man denen also am besten bei und mit auf den Weg, so dass von diesen 10'000 nach 10 Jahren Töfffahren noch möglichst viele am Leben sind. Dies vor dem Hintergrund, dass die Zeit von erkennen der möglichen Kollisionssituation bis zur möglichen Kollision im Mittel keine 2 Sekunden zur Verfügung stehen. Also keine Zeit zum Denken sondern nur zum Handeln. Das ist der Punkt wo alles noch so vorausschauende Fahren leider nichts genützt haben. Niemand will in diese Situation kommen, jeder versucht sie mit aller Möglichkeit zu vermeiden, aber wenn sie da ist muss irgendwie regaiert werden.
Die Studie stellt dazu zwei Hypothesen auf:
Hypothese 1: In Gefahrensituationen mit Kollisionskurs auf ein sich bewegendes Hindernis ist die Konzentration auf ein Fahrmanöver mit einer eindeutigen Handlungsstrategie von Vorteil.Dieses besteht aus der Kombination einer Vollbremsung mit einhergehendem Ausweichen(Spurversatz). Die Vollbremsung steht dabei immer im Vordergrund.
Achtung: Das ist nicht das selbe wie Bremsen - Lösen - Ausweichen wie es t.w. zumindest bei Deutschen Fahrsicherheitstraining geübt wird. Bremsen und Ausweichen geschieht gleichzeitig.
Hypothese 2: Komplexe Fahraufgaben, wie eine Vollbremsung mit gleichzeitigem Ausweichen(Spurversatz), können den meisten Motorradfahrern nicht zugemutet werden.
Die Studie kommt zum Schluss, dass die erste Hypothese stimmt und die zweite falsch ist.
Die Studie zeigt auch, dass die meisten Motorradfahrer die bei der Studie teilgenommen haben, bei Geschwindigkeiten unter 78 km/h bei einem Hinterniss bei der sie bei einer Vollbremsung vor dem Hinterniss zu stehen kommen, bei einem reinen Ausweichen mit dem Hinterniss kollidiert wären. Natürlich auf sauberer Fahrbahn.
Es wird immer den einen geben, der besser Ausweichen als Bremsen kann. Genau so wie es den einen gibt der besser ohne, als der andere mit ABS bremst. Aber so gut dies für den einzelnen auch sein kann, am Ende zählt in der Ausbildung nur was für das Kollektiv besser ist. Genau so wird es die eine oder andere Situation geben, wo ein komplett andere Strategie sinvoll wäre. Fokus ist hier aber wiederum, was ist am besten für alle möglich Kollisionssituationen.
Anmerkungen von mir zur Hypothese 1: Sie spricht von einem bewegenden Hinderniss. Eindeutigen Handlungsstrategie, damit wird Carlos muscle memory und Unterbewustsein rechnung getragen. Flexibel und nicht starres nur Ausweichen oder nur Bremsen, sondern Ausweichen dort wo aufgrunde der spezifischen Situation sinnvoll und nötig. Die Studie erwähnt z.B. auch besser eine Kollision mit Motorhaube oder Kofferaum als mit der A, B, oder C Säule als Beispiel. Fokusierung auf Vollbremsung, da jeder Energieabbau vor der Kollision das Verletzungsrisiko minimiert vorallem dort wo der Kollisonsgegner in deinen Fluchtweg fährt.
Daniela: Der Faktor Kollissiongegner, kommt also sehr wohl zur Sprache.
Die Studie sagt auch, dass Bremsung und gleichzeitg Ausweichen nicht ohne Sturzrisiko ist und entsprechend geübt werden soll. Man beachte bezüglich Sturzrisiko auch, dass es eine deutsche Studie ist. Denn wie Daniela korrekt anmerkt gibt es bei uns den Schlag-Mich-Tod Art. 31 Abs. 1 SVG "Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann." a.k.a. Nichtbeherschen des Fahrzeuges, der nicht mit einer Ordnungsbusse sondern einer Verzeigung und allfälligem Führerausweisentzug geandet wird. In Deutschland Analog wäre dies §1 StVO "(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. (2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird."
ein Verstoss dagegen wird mit einer Busse von bis zu €35 geandet BKatV Lfd. Nr. 1.4 https://www.gesetze-im-internet.de/bkatv_2013/anlage.html