2.2 Der künstliche Mensch als literarisches Motiv
Als literarisches Motiv
findet „Der künstliche Mensch“ nicht erst seit der Erfindung von Androiden in „Star
Wars“ seine Anwendung, sondern bereits seit der Antike. In den Geschichten der griechischen
Mythologie wurden künstliche Menschen vor allem durch Halbgötter und Götter erschaffen,
meistens dem Menschen ähnlich, oft unter Vermeidung des natürlichen
Zeugungsakts. Beispielsweise schmiedete Hephaistos den Riesen Talos, um die
Menschen im Krieg zu unterstützen, Prometheus belebte Wesen aus Lehm und Wasser
(Frenzel). Später wurde der Schöpfungsvorgang durch Magie ersetzt, Götter waren
nicht mehr nötig, Zaubersprüche reichten zur Belebung von Gegenständen (Frenzel).
Im Mittelalter wurde Statuen durch blossen Willen oder durch Gegenstände Leben
verliehen (Frenzel). Ausserdem wurden erstmals künstliche Wesen durch
naturwissenschaftliche Methoden erschaffen.
Ab dem 18. Jahrhundert
erschufen Autoren mechanische Androiden, die sich automatisch bewegen konnten. Es
handelt sich dabei um eine Abwandlung bzw. Variation des künstlichen Menschen,
um den Automaten, eine sich selbst steuernde Puppe. Der Eingang solcher Automaten in die Literatur
häufte sich, prominente Vertreter dieser Entwicklung sind Mary Shelleys „Frankenstein
or the Modern Prometheus“ oder eben E.T.A. Hoffmann mit „Die Automaten“ und „Der
Sandmann“.
An dieser Stelle gilt es innezuhalten und nach den Gründen für die Erschaffung
von künstlichen Menschen zu fragen. Der Mensch hatte schon immer den Wunsch,
als Ausdruck seiner intellektuellen Fähigkeiten oder der Macht über einen
Diener, den Schöpfungsakt durch einen künstlichen zu ersetzen (Frenzel). Gleichzeitig
besteht dabei immer die Angst, von der eigenen Schöpfung bedroht oder
übertroffen zu werden. Was geschieht, wenn die Kreatur menschlicher, echter
oder intelligenter wird als wir selbst? Was, wenn sie zum besseren Menschen
wird? Werden wir dann selber zur Marionette? Wo ist dann unser Platz? Gelingt
es uns noch, echte und künstliche Menschen zu unterscheiden (Olimpia/Clara)? Diese
Ambivalenz der Macht und Angst erzeugt eine immense Faszination und Spannung. Ausserdem
implizieren die genannten Fragen eine selbstreflektierende Komponente, die in
späteren Teilen dieser Arbeit von zentraler Bedeutung sein wird.