Zu meiner Zeit musste man sich die Sporen erst noch während 2 Jahren mit einer 125er abverdienen, und obwohl ich damals mit 34 die "Sturm-und-Drang-Zeit" eigentlich hätte hinter mir gehabt haben müssen, entwickelte ich auf dem untermotorisierten Gefährt ziemlich schnell die Einstellung "lieber das Leben riskieren, als an Schwung verlieren", was hald bedeutete, dass ich mit schöner Regelmässigkeit viel zu schnell dran war in den Kurven und in der Botanik landete - ich könnte beim besten Willen nicht sagen, wie oft, aber 2 Hände reichen ganz bestimmt nicht, um es abzuzählen ... Es grenzt an ein Wunder, dass ich diese Zeit überlebt habe und noch nicht einmal gravierende Verletzungen davontrug !
Dann kam meine erste "grosse Liebe", die Guzzi California in mein Leben, und damit wurde alles auf einen Schlag viel entspannter, mit ca. 86 PS und gegen 260 kg Gewicht war das ja nun auch nicht gerade das sportlichste Gerät, aber sie hatte immerhin ein fettes Drehmoment, welches ein gefahrloses Überholen auf kurzer Distanz ermöglichte und mir vor allem erlaubte, vor den Kurven auch ausreichend abzubremsen, weil ja nachher wieder genug "Dampf" vorhanden war, um zu beschleunigen. Die Guzzi legte ich dann nur einmal meinem Fahrlehrer zu Füssen vor der prakt. Prüfung, bei der "Generalprobe" der Vollbremsung, aber danach blieb sie unversehrt bis zur verhängnisvollen Begegnung mit der Linksabbiegerin, welche ich in einem anderen Thread (mdr-TV-Bericht über Töfffahrer im Harz) ausführlich beschrieben habe.
Aus der Vollkasko-Versicherungssumme mit Zeitwertzusatz für den Totalschaden an meiner Bella habe ich mir dann die Buell Lightning zugelegt, weil ich mir sagte, dass ich nun einen agileren Untersatz bräuchte, mit dem ich den Hirnamputierten auf unseren Strassen besser ausweichen könnte. Die XB12S hat mich als Schreckbremserin dann mit ihrem ultrakurzen Radstand und selbstverständlich ohne ABS und den ganzen elektr. Schnick-Schnack gelehrt, was es heisst, die Bremse wieder auszulassen, indem sie sich 4 x überschlug und es sich jedes Mal auf mir bequem machte, sodass sie kaum was abbekam, dafür mir jedes Mal üble Blessuren zufügte.
Ich habe sehr viel Lehrgeld bezahlt, denn wie bereits jemand erwähnte: manche brauchen´s auf die harte Tour ... !
Heute bin ich ausgesprochen vorausschauend, umsichtig und defensiv unterwegs, und letztendlich einfach nur dankbar und glücklich, dass ich überlebt habe !
Gleichzeitig gehöre ich aber noch immer zu den Menschen, welche sagen: Motorradfahren ist eine Leidenschaft, welche mit Risiken verbunden ist; wer keine Risiken eingehen und keine Grenzerfahrungen machen will, der sollte es lassen.
Ich für meinen Teil brauche diese Grenzerfahrungen immer wieder, um die Intensität des Lebens zu spüren und sage:
ES IST NICHT ENTSCHEIDEND, WIEVIELE ATEMZÜGE ICH IN MEINEM LEBEN GETAN HABE, SONDERN WIEVIELE MOMENTE IN MEINEM LEBEN MIR DEN ATEM GERAUBT HABEN
Aber das muss jeder für sich selber entscheiden und letztendlich hört der Spass dort auf, wo andere gefährdet werden !
Und ganz ehrlich, als ich da so im Spital lag nach dem Abschuss durch die Linksabbiegerin und während einer Woche nicht wusste, ob ich den nächsten Tag noch erleben oder ob mein Lungenflügel unter den 7 gebrochenen Rippen kollabieren würde, da habe ich zu meinem Schöpfer gebetet: "lieber Gott, lass mich doch noch etwas leben, egal wie, notfalls würde ich sogar das Motorradfahren aufgeben ... !" -
Was mich allerdings nicht daran hinderte, bereits am 2. Tag nach dem Unfall mir den neusten Motorrad-Katalog von meinem besten Freund bringen zu lassen, worauf sich der Dottore Ducati zur Aussage hinreissen liess: "Sie werden nicht im Krankenbett, sondern auf einem Motorrad sterben", was mich dann doch etwas beruhigte ... !
Gute Nacht und die Linke zum Grusse
Fanny