Ungenügende Rücksichtnahme auf die übrigen Strassenbenützer beim Ueberholen

  • Am letzten Pfingstsonntag hatte ich einen Unfall, habe ja an anderer Stelle schon davon berichtet. Nun bin ich empört nachdem ich das Anklagepapier der Polizei eingesehen habe.


    Der Ueberholvorgang:


    Ein Traktor gefolgt von 4 Personenwagen, Geschwindigkeit ca. 40 km/h. Keiner der Personenwagen macht Anstalt zum Ueberholen.


    Ich beginne den Ueberholvorgang mit ca. 60 bis 65 km/h und bin äusserst aufmerksam. Zwei Autos habe ich bereits überholt und befinde mich links von der Hinterachse des dritten Autos, als dieses unvermittelt den Blinker setzt und nach links ausschwenkt.


    Mir ist keine andere Wahl geblieben, als unmittelbar abzubremsen. Mein Motorrad hat kein ABS, erlaubt also beim Vollbremsvorgang nicht noch ein Ausweichmanöver. Aber da mir das Heck des Autos immer näher kam, habe ich reflexartig versucht auszuweichen und bin dadurch zu Fall gekommen ohne dass mich das Fahrzeug touchierte. Das muss ich als «Nichtbeherrschen des Fahrzeugs» akzeptieren. Mit ABS wäre beides möglich gewesen.


    Nun kommts: in der Anklage steht auch noch:


    Ungenügende Rücksichtnahme auf die übrigen Strassenbenützer beim Ueberholen als Lenker eines Motorrades

    VRV Art. 10 Abs. 1

    SVG Art. 35 Abs. 1

    SVG Art 90. Abs. 1


    Verstehe ich nicht. Wie bitte hätte eine «genügende Rücksichtnahme» ausgesehen?


    Die Strecke war gerade und übersichtlich. Kein Gegenverkehr. Die vier Fahrzeuge welche hinter dem Traktor hergefahren sind, machten keinerlei Anstalten zum Ueberholen. Kein Blinker war gesetzt.


    Was sagt Ihr dazu?


    Gruss

    Franz

  • Da kannst du leider nicht viel machen. Das (leidige) Thema ist in etwa so wie „abstrakte Gefährdung“ bei überhöhter Geschwindigkeit. Ausserdem kommt noch hinzu, tragisch aber wahr, dass du evt nur eine Teilschuld hättest, wenn eines der Autos bzw das ausscherende kfz dich berührt hätte. Da du aber „von alleine“ zu Fall gekommen bist, ist es ein Selbstunfall.


    Aber das SVG ist ja sowieso das lächerlichste auf der ganzen welt. Einfache Körperverletzung wird milder bestraft als ein raserdelikt.. don’t get me startet.

  • Wenn du eine Verkehrsrechtschutzversicherung hast, nimm diese in Anspruch damit diese die Möglichkeiten prüfen kann.


    Aber ja, wäre spannend, wie in diesem Fall eine genügende Rücksichtsnahme ausgesehen hätte :slightly_smiling_face:


    Wurden mehrere Fahrzeuge auf einmal überholt? Allenfalls gilt das als zu wenig Rücksichtsnahme?

  • Ich denke es wird darauf hinauslaufen, dass du hättest sicherstellen müssen, dass sämtliche Fahrer, die du überholen wolltest, deine Absicht kannten und akzeptierten. Was ganz offensichtlich nicht der Fall war.


    Zitat

    Wer überholt, muss auf die übrigen Strassenbenützer, namentlich auf jene, die er überholen will, besonders Rücksichtnehmen.


    Das ist halt ne blöde schwammige Formulierung, genauso wie das Nichtbeherrschen des Fahrzeugs. Jetzt bist du da halt in beides unglücklich reingelatscht, da wirst du leider das Nachsehen haben. Vielleicht wäre es rückblickend sogar besser gewesen, du hättest nicht zu Protokoll gegeben, dass das Auto ausgeschert hat und du deswegen gestürzt bist. Aber eben, man hofft halt dass gewisse Umstände dann mildernd auf eine Strafe wirken. Aus Erfahrung geht der Schuss aber leider oft nach hinten los, weil dann genau noch darauf rumgeritten wird, dass du diese Umstände doch hättest berücksichtigen müssen.

    Darum ist es oft wirklich besser einfach zu schweigen. Du bist gestürzt ohne dass andere oder anderer Zeug beschädigt wurde, weisst dass du so oder so dafür bestraft wirst. Warum du gestürzt bist kann der Polente doch egal sein bzw. sollen sie sich selber den Arsch aufreissen es rauszufinden. Mildernd für dich wirkt in so einem Fall nichts.


    Ist scheisse, ich finde es auch unfair, aber da sind wir insbesondere als Töfffahrer nunmal am kürzeren Hebel

    Einer ist immer schneller - zum Beispiel ich :winking_face:
    Quod gratis asseritur, gratis negatur

    2 Mal editiert, zuletzt von Boo ()

  • Eben, den Vorwurf wegen Nichtbeherrschung des Fahrzeugs akzeptiere ich voll und ganz.


    Doch doch, den Anderen hat man auch, er wurde vom nachfolgenden Fahrer fotografiert. Seine Anklage lautet "Unvorsichtiges Ausschwenken nach links zum Ueberholen als Lenker eines Personenwagens".


    Rechtsschutzversicherung habe ich keine. Unterdessen habe ich vier Operationen hinter mir und die dritte Schulterprothese drin. Von Auto- oder Motorradfahren war seither keine Rede und ich werde auch mit einem Ausweisentzug rechnen müssen.

  • Aber eben, man hofft halt dass gewisse Umstände dann mildernd auf eine Strafe wirken.

    mildernde umstände kann erst der richter berücksichtigen. die anklage ist eine maximalforderung.


    Rechtsschutzversicherung habe ich keine.

    ich würde einen anwalt konsultieren. der kann dir schnell sagen, wie die chancen stehen. kostet halt was, kann aber auch gut investiertes geld sein, je nachdem, was sonst noch kommt, z.b. von der versicherung.


    ich wünsche dir in jedem fall weiterhin gute besserung!