Herbstzeit = (Selbst)Unfallzeit

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  • Es ist wieder so weit. Es ist Herbst und damit kommen auch ein paar Gefahren auf uns Biker zu. Die erfahrenen hier werden sie vermutlich gut genug kennen. Aber ein paar davon mal zur Erinnerung.

    1 Kälte

    [b]Grund:[/b] Durch die niedrigeren Temperaturen wird das Gummi der Reifen hart und bietet weniger Haftreibung auf der Strasse. Merken tut man das relativ schnell und sicher wenn man mal nur hinten bremst. Es rutscht bei niedrigen Temperaturen deutlich früher als im Hochsommer wo die Gummis deutlich weicher werden und mehr [url='https://www.toeff-forum.ch/lexicon/entry/11-grip/']Grip[/url] bieten. Achtung: Auch schon bei positiven Temperaturen kann sich Bodenfrost bilden. Gerade über Brücken, Röhren unter der Strasse, Unterführungen usw. kühlt die Fahrbahn nachts stark aus und kann dann Morgens auch bei positiven Temperaturen gefroren sein. Ausserdem hat Kälte auch Einfluss auf den Fahrer. Man reagiert langsamer wenn man friert. Dicke Winterkleidung kann auch die Beweglichkeit oder Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen. Dicke Handschuhe geben weniger Rückmeldung vom Lenker. Kälte und dicke Handschuhe welche die Blutzirkulation beeinträchtigen können zu tauben Händen führen. Wer friert verkrampft sich und lässt das Motorradnicht mehr locker fahren. Auch die Konzentration nimmt schneller ab. Aufgrund der niedrigen Aussentemperaturen kann durch die warme ausgeatmete Luft auch das Helmvisier schnell von innen beschlagen. [b]Massnahmen:[/b] Gegen das hart werden der Reifen kann man nicht viel tun ausser sich spezielle Winterbereifung mit weicherer Gummimischung zuzulegen. Allerdings kann man den Reifendruck etwas absenken um besseren [url='https://www.toeff-forum.ch/lexicon/entry/11-grip/']Grip[/url] zu bekommen. Der bessere [url='https://www.toeff-forum.ch/lexicon/entry/11-grip/']Grip[/url] kommt dabei in erster Linie vom erhöhten Walking des Reifens und damit einhergehender Erwärmung des Reifens die den Reifen weicher werden und besser haften lässt. Gegen die Kälte kann man einiges unternehmen: [list][*]Isolieren: Anziehen im Zwiebelsystem. Besonderes Augenmerk sollte man dem Windschutz am Hals widmen. Zieht es dort rein friert man schnell und büsst an Konzentrationsfähigkeit ein. Häufig führt auch ein Luftzug am Hals dazu, dass man die Schultern anzieht und verkrampft. Das führt nicht nur zu Verspannungen sondern zu einer verkrampften Haltung auf dem Motorrad. Damit fährt man dann häufig steif wie ein Stock mit Tunnelblick. So kann man nicht mehr schnell genug auf Gefahrensituationen reagieren. [*]Warme Handschuhe: Handschuhe mit guter Isolation halten zwar warm können aber leider auch das Feingefühl am Lenker beeinflussen). [*]Regenkombi: Es kann durchaus sinnvoll sein auch bei trockener Witterung den Regenüberzug drüber zu ziehen als Windstopper. [*]Griffheizung: Gibt es bei Polo/Louis zum nachrüsten schon für 100.-- (ohne Einbau) [*]Hand-Guards für den Windschutz (schützen ausserdem vor abgebrochenen Hebeln bei Stürzen/Umfallern). [*]Windabweiser und Touring-Scheiben schützen den Fahrer vor dem direkten Fahrtwind. [*]Weitere Gadgets: Über beheizbare Schuh-Einlagen und Sitzbänke bis zu Jacken mit eingebauten elektrischen Heizmodulen ist so einiges erhältlich. [*]Helm mit Pinlock: Ein Pinlock verhindert das Beschlagen des Visieres. [/list] Welche Massnahmen nötig sind hängt auch vom persönlichen Empfinden ab. Nicht jeder friert gleich schnell und an den gleichen Stellen. Ausserdem mögen manche gerne mit dicken Handschuhen fahren. Ich persönlich bevorzuge auch bei 5° meine luftigen Sommer-Handschuhe in Kombination mit der Griffheizung anstatt dicker Winter-Handschuhe welche mein Feingefühl am Gas und den Hebeln einschränken. Ein Pinlock-Visier sollte jeder Alltagshelm haben der auch bei niedrigen Aussentemperaturen benutzt wird. Wenn man wegen eines beschlagenen Visieres mit offenem Visier fahren muss kühlt man am Kopf sehr schnell aus.

    2 Feuchtigkeit/Wasser

    [b]Grund:[/b] Gerade an schattigen Stellen bleibt es im Herbst auch gerne mal nass auch wenn die Strassen sonst trocken sind. In Kombination mit Kälte und verschmutzter Fahrbahn kann manchmal aber auch ein guter Reifen schon vor dem erreichen der maximalen Schräglage rutschen. Wer in die Pässe fährt kann auch schon im Herbst mit Schmelzwasser konfrontiert werden welches über die Strasse fliesst. Das ist nicht nur kalt sondern fliesst oft auch in richtigen Bächen über die Strassen. Auch in Tunneln kann es feucht und Rutschig sein (auch wenn enge Kurven da eher selten sind). [b]Massnahmen:[/b] Angepasste Geschwindigkeit und vorausschauendes Fahren. Reduzierung des Reifendruckes.

    3 Laub

    [b]Grund:[/b] Wie das so ist, im Herbst liegt gerne mal Laub auf der Strasse. Gerade am Waldrand oder im Wald kann auch mal unerwartet Laub in einer Kurve liegen. Insbesondere bleibt das Laub dann auch häufig tagsüber feucht selbst wenn die Strasse ansonsten schon lange trocken ist und das kann sehr rutschig sein. [b]Massnahmen:[/b] Angepasste Geschwindigkeit und vorausschauendes Fahren. Reduzierung des Reifendruckes.

    4 Früchte

    [b]Grund:[/b] Besonders im Bereich von Apfelbäumen kann sich manchmal auf der Fahrbahn ein schmieriger Belag durch platt gefahrenen Früchten bilden. Auf solchem Apfelmus rutscht man in einer Kurve ganz schnell weg. Ganze Früchte sind dabei aber eher weniger ein Problem sofern man nicht über einen "rumpler" erschrickt in Schräglage. Viel mehr passiert da meistens nicht. Aber ein breitflächig rutschiger Belag kann zum Risiko werden. [b]Massnahmen:[/b] Angepasste Geschwindigkeit und vorausschauendes Fahren. Reduzierung des Reifendruckes.

    5 Fahrbahnverschmutzung

    [b]Grund:[/b] Herbstzeit ist auch Erntezeit! Die Landwirte bringen die Ernte ein und fahren mit ihren Fahrzeugen über Felder und natürlich auch die Strassen. Ausserdem finden auch wieder Alp-Abzüge und Viehschauen statt wo der eine oder andere Misthaufen auf der Strasse liegen bleibt. Die Landwirte sind zwar verpflichtet grobe Verschmutzungen zu beseitigen aber die Strassen werden danach sicher nicht schwarz gewaschen. Reste von Erde und auch eingeschleppter Kies von Nebenstrassen können uns Motorradfahrern gefährlich werden. Besonders wenn noch leichter Regen dazu kommt welcher die Verschmutzungen aufweicht. [b]Massnahmen:[/b] Angepasste Geschwindigkeit und vorausschauendes Fahren. Reduzierung des Reifendruckes. Kleinere Rutscher über vereinzelte Kieselsteine fühlen sich komisch an, sind aber ungefährlich! Die weit grössere Gefahr ist aus meiner Sicht eine falsche Reaktion. Wer bei einem kleinen Rutscher den Töff aufstellt und sich verkrampft, der macht schnell einen Abflug. Hier empfehle ich schon im Sommer auch die Bitumenstreifen nicht zu umfahren bzw. zu vermeiden sondern drüber zu fahren. Man bekommt ein Gefühl dafür wie es ist wenn der Töff mal kurz rutscht und dann wieder stabil weiter fährt. Mit der Zeit verlieren solche kleinen Wackler ihren Schrecken. Wichtig ist dabei auch den Töff arbeiten zu lassen. Lasst ihn rutschen, springen. Unverkrampft im Sattel sitzen und den Lenker ganz locker halten. Das Motorrad stabilisiert sich selber wieder. Hier besteht wie oben erwähnt die Gefahr des Verkrampfens insbesondere wenn man friert.

    6 Sicht/Sonne

    [b]Grund:[/b] Im Herbst steht die Sonne viel flacher am Horizont. Wer gegen die Sonne fährt wird schnell feststellen, dass die Sicht auch durch Reflektionen am Visier deutlich schlechter ist als wenn die Sonne hoch oder im Rücken steht. Man erkennt den Gegenverkehr viel schlechter. Im Herbst ist es immer am schönsten bei goldenem Sonnenschein im Rücken zu fahren. Die Sicht ist für uns dann auch sehr gut aber man sollte bedenken, dass die Fahrzeuge die einem entgegenkommen, unter Umständen geblendet werden und uns sehr schlecht sehen. Schon alleine die Grösse des Motorrades und dessen Silhouette sind für Autofahrer schwerer erkennbar. Man sollte immer damit rechnen von einem Autofahrer komplett übersehen zu werden. Eine weitere Gefahr sind Nebelfelder die uns im Herbst natürlich wieder häufiger begegnen. Nebel schränkt nicht nur die Sichtweite ein sondern hat auch sonst einige negative Eigenschaften. Beim fahren durch dichten Nebel wird man schnell nass und kühlt aus. Gute Kleidung ist daher wichtig. Durch Nebel beschlagen auch Visiere und Windschutzscheiben. Ausserdem kann der Nebel sich auf den Strassen niederschlagen was zu rutschigen Stellen oder bei niedrigen Temperaturen auch zur Bildung eines Eisfilms führen kann. Denkt also auch daran, dass innerhalb von Nebelbänken durchaus auch die Strasse rutschiger sein kann. Ein weiterer Faktor der die Sicht stark beeinträchtigen kann ist natürlich der Regen. Nicht nur, dass er uns in Tropfenform die Sicht auf dem Visier nimmt sondern er lässt auch die Markierungen auf dem nassen Boden schwerer erkennen. Denkt auch daran, dass auch Autofahrer die Markierungen schlechter erkennen. Eventuell sogar schlechter als ihr wegen des flacheren Blickwinkels. Bei Regen muss man immer damit rechnen, dass Autos unerwartet die Spur nicht halten oder diese wechseln. [b]Massnahmen:[/b] Geschwindigkeit anpassen! Reflektionen am Visier können die Sichtweite extrem einschränken. Fahrt entsprechend langsam! Kauft euch einen Helm mit eingebautem Sonnenvisier. Dies ist auch im Sommer sehr angenehm. Sicher angenehmer als eine Sonnenbrille zu tragen mit der ihr dann blind seid wenn ihr in einen Tunnel fahrt. Selbiges gilt für getönte Visiere. Einige Helme (im Speziellen Cross-Helme) sind auch mit einem kleinen Vordach ausgestattet. Dies kann gerade bei niedrig stehender Sonne sehr hilfreich sein um einen Schatten auf das Visier zu bekommen und die Sicht deutlich zu verbessern. Achtet auf gut sichtbare Kleidung. Prüft eure Lampen hinten und vorne! Im Regen hilft manchmal nur noch mit offenem Visier zu fahren um die Sicht zu verbessern. Ein Pinlock kann zumindest gegen Beschlagen helfen. Viele Handschuhe besitzen ausserdem eine integrierte Gummilippe am Zeigefinger oder Daumen um Tropfen vom Visier zu wischen. Bei Naked-Bikes reicht es oft mal die Nase in den Wind zu halten oder den Helm etwas zu drehen damit die Tropfen bei leichtem Regen abperlen und die Sicht frei geben.

    7 Tiere

    [b]Grund:[/b] Herbst ist natürlich auch Wildzeit. Es ist vermehrt mit Tieren zu rechnen die sich auf der Fahrbahn (meist Igel oder Kleintiere) bewegen oder die Fahrbahn queren (Fuchs, Reh, Hirsch...). [b]Massnahmen:[/b] Angepasste Geschwindigkeit und vorausschauendes Fahren. Man sagt immer, dass man bei Kleintieren nicht bremsen soll sondern normal weiter fahren soll. Das ist insbesondere mit dem Auto kein Problem. Mit dem Motorrad hingegen ist die Hemmschwelle doch grösser. Es ist aber richtig, dass man besser nicht vorne bremst während man ein Tier anfährt sonst liegt man sehr schnell am Boden wenn man das Tier unter dem blockierenden Vorderrad einklemmt. Klingt brutal aber hier sind die Chancen den Unfall gut zu überstehen besser, wenn man nicht bremst sondern rollen lässt. Das hubbelt dann zwar aber man behält die Kontrolle. Bei Grosstieren wie Rehen ist das aber nicht zu empfehlen. Hier sollte man bremsen und Ausweichen versuchen. Auch wenn das häufig zu einem Sturz führt. Bei Grosswild gilt hier aber das gleiche wie für Autofahrer. Steht plötzlich ein Tier auf der Fahrbahn oder droht diese zu queren, dann sofort abblenden und hupen. Das helle Fernlicht kann dazu führen, dass die Tiere fasziniert das Licht betrachten und das herannahende Fahrzeug nicht sehen. Hupen hilft die Tiere zu verschechen.

    8 Allgemeine Tipps

    Auf jeden Fall sollte man gerade im Herbst die Geschwindigkeit vor den Kurven lieber etwas niedriger ansetzen. Man sollte ja sowieso auf Sichtweite anhalten können aber man sollte immer damit rechnen, dass sich während einer Kurvenfahrt plötzlich die Fahrbahnbeschaffenheiten deutlich ändern. Ausserdem kann man generell den Luftdruck in den Reifen etwas absenken. Das gilt zwar auch im Sommer aber gerade bei kühleren Temperaturen mit härter werdenden Reifen ist dies sehr zu empfehlen. Als Faustformel sollten es etwa 0.2-0.3bar unterhalb des vom Hersteller angegebenen Reifendrucks sein. Für den empfohlenen Druck siehe Handbuch vom Motorrad; bei manchen Motorrädern steht der empfohlene Druck auch auf einem Aufkleber in der Nähe des Hinterrades (z.B. auf der Schwinge). Bei den meisten Motorrädern liegt der empfohlene Druck zwischen 2.3 und 2.9 bar. Die Druck-Anzeigen bei den Tankstellen sind oft recht ungenau. Ich empfehle aber den Druck dann immer bei der gleichen Tanke zu prüfen. Besser ist es sein eigenes Reifendruck-Prüfgerät zu kaufen. Wer den Druck gleich an der Tanke prüft sollte besonders beachten den Zeiger immer von der gleichen Seite her an den gewünschten Druck heranzuführen. Also wenn man auf "-" drückt um Druck abzulassen immer nochmals ganz kurz auf "+" drücken weil der Zeiger bei vielen Geräten nur dann den Druck korrekt anzeigt. Also entweder auf + drücken bis der gewünschte Druck erreicht ist oder dann mit "-" den Druck etwas unter den gewünschten Druck absenken und dann wieder mit "+" herantasten. Man muss auch keine Angst haben zu viel Druck drauf zu geben. So ein reifen platzt auch bei 10bar noch nicht und das könnt ihr mit den üblichen Kompressoren nicht einmal erreichen. Generell sollte man immer genügend Reserve haben und auch mal (am besten bei guten Bedingungen) die Bremsung in Kurven bei Schräglage üben damit man sicher reagieren kann wenn man doch mal von plötzlich schlechter werdenden Bedingungen überrascht wird. Wer doch mal ins Rutschen gerät sollte ruhig bleiben. Am besten auskuppeln und das Motorrad rollen lassen. Wer ruckartig vom Gas geht kann dadurch auch das Hinterrad weiter zum rutschen bringen weil der Motor dann eine Bremswirkung auf das Hinterrad überträgt. Kurven sollte man immer langsamer anfahren als man sie verlässt. Also die Geschwindigkeit vor der Kurve reduzieren und dann etwa ab dem Scheitelpunkt der Kurve langsam aus der Kurve heraus beschleunigen. Das Bike sollte dabei permanent unter leichtem Zug stehen. Apropos: Wer eine Kurve zügig anfährt und dann vor der Kurve runter schaltet sollte beim einkuppeln vorsichtig sein. Die Motorbremse kann dazu führen, dass das Hinterrad bei blockiert. Wer bemerkt, dass beim schalten das Hinterrad wegrutscht beim einkuppeln sollte sofort wieder am Kupplungshebel ziehen und den Motor vom Hinterrad entkoppeln. Hier nützt auch ABS nichts weil ABS nur auf die Bremsen wirkt. ABS würde beim Überbremsen die Bremse am Hinterrad lösen bis sich das Rad wieder dreht. Da aber der Motor das Rad abbremst kann ABS hier nicht helfen. Passt also gerade jetzt auf nicht zu weit und heftig runter zu schalten und bremst mehr mit den Bremsen als mit dem Motor.

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